Am Himmel ~ Das Luftschiff

Die vielen Propeller ließen das Luftschiff aussehen, wie ein überdimensionaler Hubschrauber und ihr Rotieren klang von nahem fast wie steter Applaus. Unter ihnen lag die Landschaft Atresias, über ihnen spannte sich makellos blauer Himmel. Der helle blaue Lack verbarg das Schiff perfekt vor möglichen Beobachtern und es hing zwischen den Wolken, als wäre es schon immer dort gewesen.
Im Inneren des Schiffes stieß Eyla sich vom Armaturenbrett ab und drehte sich mitsamt ihrem Stuhl im Kreis, bis sie ihrer Schwester direkt in die Augen sah.
„Wir sind daaa“, jubelte sie. Von selbst wanderte ihr Blick zum breiten Fenster hinaus. Unter ihnen lag die Akademie.

Lautlos herob sich Lightning und trat gedankenverloren an das kleine Fesnter, ihr Umhang gleitete hinter ihr wie ein dunkler Schatten. Etwas nervös klackerte sie mit ihren dünnen, langen Fingern an die Glasscheibe.
Sie hatte so lange warten müssen.
Ich war nur eine Spielfigur, ein benutztes Ding, das am Ende verbraucht weggeworfen worden ist. Zusammen mit etwas, das ich immer wissen wollte. Aber immer gefürchtet habe...
Ihr Gesichtsausdruck wurde verletzlich, wie der eines wehrlosen Kindes. Lightning war nie verletzlich gewesen. Sie war immer die starke gewesen, nie ein Kind.
Als Eyla so einen Karch machte, drehte sich Light um, in der Hoffnung, das diese wenigstens jetzt eine gute Naricht hatte.
Sie seufzte und ging zu ihrer Schwester. Wenn sie schon nicht für ihre Familie da sein konnte, wollte sie wenigstens für Eyla da sein...
Mit einer Hand auf Eylas Schulter beugte sie sich -immer noch schlecht gelaunten- vor um besser sehen zu können.
„Aha“, meinte sie nur knapp und ihr Tonfall passte so gar nicht zu Eylas Stimmung.

Hätte Eyla ihrer Schwester in diesem Augenblick ins Gesicht gesehen, wäre ihr vielleicht der kurze Wandel aufgefallen, aber so bemerkte sie nichts, als Light im normalen, abweisenden Tonfall antwortete. Ihre mangelnde Begeisterung tat Eylas eigener Vorfreude keinen Abbruch.
"Machen wir es wie immer? Abwarten und dann runter?", fragte sie fröhlich und erhob sich aus dem Pilotensessel.

"Ja. Und dann gehts los..."
Normalerweise hätte Light nun so etwas wie Vorfreunde gespürt, doch das einzige was sie jetzt spürte war der Brief. Ihre Gendanken kreisten nur um ihn. Er fühlte sich tonenschwer an.
Sie seufzte abermals und ging dann langsam zum Schrank. Herausholte sie : zwei Gewehre, ein langes Schwert -> ihre Lieblingswaffe und noch mehrere spitze Dolche. Dann streifte sie noch ihre Handschuhe über und lief zielstrebig zu der Luke im Hintern Teil des Schiffes und öffnete diese. Der Fahrtwind blies ihr ins Gesicht, doch sie war dies Gewöhnt. Nach kurzem überlegen schloss sie die Tür wieder.
"Wir können.". teilte sie Eyla teilnahmelos mit.

Eyla ließ sich wieder auf ihren sessel sinken und drückte einen der Hebel vor. Langsam begann das Schiff zu sinken und verlor rasch an Höhe. Sie näherten sich dem Erdboden und Aufregung durchflutete sie. Ein eigenes Luftschiff, ihr Luftschiff! Am Liebsten wäre auch sie zur hinteren Luke hinüber gegangen, doch sie konnte das Steuer natürlich nicht verlassen.
"ich glaube, ich muss Onkel Cid noch einmal anrufen.", meinte sie dann. "Noch mal Danke sagen. Es war so unheimlich lieb von ihm, mir ein eigenes Luftschiff zum Geburtstag zu schenken!" Falls sie Light damit auf die Nerven fiel, bemerkte sie es nicht. Genau diesen Satz hatte sie schon mehrmals auf dem Flug hierher gesagt - und es war ganz bestimmt nicht das letzte mal, das sie es tat.

Lightning setzte sich in den Sessel neben Eyla und überschlug die Beine.
Genervt sah sie zu Eyla und erwiederte in einem gelangweilten Ton: "Ja es war wirklich reizend von ihm, dir dieses Luftschiff zu schencken. Vor allem da er mir bisher noch nie etwas geschenkt hat oder meinen Geburtstag beachtet hat...." Den letzten Teil sagte sie leiser so das Eyla es nicht hörte. Aber diese wusste genau so gut wie Lightning, das Eyla Onkel Cids Liebling war. Und Light war eben ... kein Liebling. Nur jemand der es nicht verdiente, in so einer Familie zukommen.

Da sie kaum ein Meter von einander trennte, hörte Eyla natürlich trotzdem, was ihre Schwester sagte. Und natürlich begriff sie, dass diese Tatsache Light mehr verletzte, als diese zugab.
"Aber ich habe dir etwas geschenkt", erwiderte sie fest. "Und du weißt, dass es ebenso dein Luftschiff ist. Du darfst es natürlich jederzeit benutzen." Sie hoffte, Lightning mit diesem Satz womöglich etwas aufzumuntern, wusste jedoch nicht ob sie hoffen sollte. Light konnte sturer sein, als ein Esel.

Light schnaubte abfällig. "Ha, lieber nicht." Unwillkürlich musste sie an die Zeit denken, wo sie noch gelernt hatte ein Luftschiff zu steuern. Ihre ganze Familie hatte ihr dies nach ein paar Trainings untersagt, da sie -sozusagen- ein hoffnungsloser Fall war. Lightning beobachtete Eyla genau. Wie sie das Luftschiff steuerte, ohre freudige Miene. Alles. Und das alles sollte sie wegen eines dummen Briefes verlieren. Es schmerzte sie jetzt schon zu wissen, dass dies der letzte Ausflug seien könnte...

Eyla zuckte mit den Schultern. "Wie du willst."
Vielleicht war es tatsächlich besser so. Vor allem für ihr schönes, wunderschönes Luftschiff. Natürlich wusste sie, das Onkel Cid ihr Schiff in Null-Komma-Nix wieder auf Vordermann bringen würde, sollte Light etwas beschädigen, doch sie sprach es nicht aus. Nicht auch noch Salz in offene Wunden streuen.
Eyla warf einen BLick auf den Monitor: Wo war Platz zum Landen? Das Schiff war recht beachtlich in seiner Größe, also... wohin?

Lightning bemerkte wie Eyla in den Monitor sah. Sie brauchte nicht lang suchen und schon hatte Light einen geigneten Landeplatz gefunden.
"Dort drüben." Light zeigte auf eine freie Fläche. Es war ein einfaches, unbenutztes Feld, drum herum lag ein dichter Wald und weiter weg sah man ein großes Gebäude. Das musste wohl die Akademie sein...
Komischerweise hatte Light den Drang sich zu bewegen und deshalb stand sie abermals auf.
Mit leeren Blick holte sie Eylas Waffen aus der Ablage, ihren und Eylas Rucksack, noch etwas Profiant. Das alles stellte sie auf einen Tisch.

Eyla summte. "Es geht ruuunter..."
Sie hörte, wie das Röhren des Motors und das Dröhnen der Propeller lauter wurde, als sie einen weiteren Hebel betätigte. Die Stützen des Schiffes fuhren sich aus...

----> Nähe der Akademie, Die Wiesen